Familia Obama

Küchengespräch am 19. April: Gemeinschaft, Authentisch sein und die „Tyrannei der Intimität“

Küchengespräch mit Julio Lambing am 19. April um 20 Uhr:
Gemeinschaft, Authentisch sein und die „Tyrannei der Intimität“
Vor 30 Jahren entstand die sogenannte Alternativkultur mit gemeinschaftlichen Wohnprojekten, Bioläden, Frauenzentren, Seminarhäusern und vielem mehr. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Ideal des Authentisch Seins sowie die Idee, an sich zu arbeiten und die eigene Seelenwelt, Absichten, Ängste, Bedürfnisse zu ergründen und besser zu verstehen. Diese Sichtweise soll Menschen bei einem erfüllten persönliches Leben, dem gedeihlichen Miteinander und beim Aufbau einer friedvolleren Gesellschaft helfen. Gerade auch die Gemeinschaftsbewegung ist bis heute von diesem Ideal stark geprägt.
Man kann aber auch eine andere Geschichte erzählen, in der das Ideal der Authentizität weniger positiv gesehen wird.

Nämlich als ein Kernelement von neuen Formen der Konditionierung des westlichen Menschen, die wie ein Pilzgeflecht alle Teile des Lebens der modernen Industriegesellschaften durchziehen. Die ersten Triebe dieses Geflechts sprossen im mittelalterlichen Christentum, verbreiteten sich ab dem 18. Jhd. in den Wissenschaften, zog ab 1915 über die großen Industrieunternehmen in moderne Arbeitsprozesse ein, trug in den 70er Jahren zur Entstehung der neuen Konsumwelt bei und erfuhr in den 80ern eine besondere Zuspitzung auf individuelle Selbstentfaltung sowie Liebe und Sexualität. In dieser Erzählung ist die Authentizität am Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem Ideal geworden, das nicht nur neue Instrumente des Leistungsdrucks in die Unternehmenswelt brachte und egozentrische und narzistische Charakterzüge kultivierte, sondern auch den demokratischen Politikbetrieb inhaltlich aushöhlte und das Zeitalter der unabhängigen Kunst beendete. Gerade die Bewegung alternativer Gemeinschaften könnten unfreiwillig Wegbereiter für diese Entwicklung gewesen sein.
Wie kommt man auf eine solche Geschichte? Wer erzählt sie? Ist sie eine Verschwörungstheorie? Ist sie als Angriff auf ein ehrliches Leben gedacht? Sollen wir wieder in eine Welt ohne Gefühle leben? Woher kommt „Authentisch sein“ überhaupt als Ideal? Und was hat Barack Obama damit zu tun?
Für solche Fragen haben wir Julio Lambing zu einem Gespräch bei Wein und Kerzenschein in unsere Küche eingeladen. Er wird mit uns über seinen Erfahrungen mit der frühen Gemeinschaftsbewegung und alternativen Lebenszusammenhängen und ebenso über die philosophische und sozialwissenschaftliche Forschung zu Authentizität sprechen. Julio ist Mitglied des Dritten Ortes, einer Agitationstruppe im Grenzgebiet zwischen Politik, Kunst, sexueller Kultur, alternative Wirtschaftsformen und gemeinschaftlichen Lebensweisen. Außerdem leitete er viele Jahre einen internationalen Wirtschaftsverband im Bereich Ökologie und Politik und schreibt, redet und forscht über Lebensstil-Avantgarden.
Wir werden für Wein, Snacks und Reisekosten den Hut rumgehen lassen.

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